Test: Resident Evil 3

Nebst gänzlich neuwertiger Videospiel-Blockbuster, setzen Publisher zum Abschluss der noch laufenden Konsolengeneration auf ein zunehmend, weiteres sicheres Pferd: Dem Trend zum Comeback. Auf farbenfreudige Remakes wie The Legend of Zelda: Link’s Awakening oder Spyro Reignited Trilogy folgte zuletzt der Strategie-Gigant Warcraft 3 samt einer kritikbedürftigen Neugestaltung, während Square Enix mit dem Remake zu Final Fantasy VII einen der meist erwartetsten Spiele 2020 in die Startlöcher buxiert. Nicht zuletzt riskierte auch Capcom einen Blick in das Remake-Business: 2019 durfte sich Resident Evil 2 einer mehr als grundsoliden Frischzellenkur unterziehen, die es letztendlich schaffte das einstige Schreckenskonzept sinnvoll in die Moderne zu hieven. Den Sprung auf die aktuelle Konsolengeneration soll nun auch sein ursprünglicher Nachfolger Resident Evil 3: Nemesis wagen. Grafisch aufpoliert, spielerisch umstrukturiert und mit dem altbekannten, düsteren Horror-Einschlag tritt die Neuauflage über 20 Jahre nach Erst-Release erneut auf den Plan der alteingesessenen Fangemeinde. Ob der Survival-Horror-Shooter eine ähnlich sinnvolle Umstrukturierung unterzogen wurde wie sein Vorgänger und ferner, ob Capcom dem aufkeimenden Remake-Wahn der Branche gerecht wird, klären wir in unserer Review.

“You want S.T.A.R.S.? I’ll give you S.T.A.R.S!”

In Resident Evil 3: Nemesis verschlägt es euch erneut in die amerikanische Kleinstadt Raccoon City, die von dem Ausbruch des vermeintlich unaufhaltsamen T-Virus heimgesucht wird. Als die ehemalige S.T.A.R.S Agentin Jill Valentine in all dem Chaos schließlich auf den Umbrella Soldaten Carlos Oliveira trifft, beschließen die Beiden mit vereinten Kräften der verheerenden Seuche entgegenzutreten.

Doch die fleischfressenden Zombiehorden sind nicht das gravierendste Problem unserer ungleichen Paares, schon bald erhebt sich ein mächtigeres und unheilvolleres Wesen aus den Schatten, das nicht nur Racoon City zu zerstören vermag: Der titelgebende Nemesis feiert sein Videospiel-Comeback!

Die Protagonisten werden wie bereits aus dem Original bekannt von  S.T.A.R.S-Agentin Jill und Söldner Carlos gemimt. Analog zum Facelift des gesamten Klassikers, wurde Carlos gleichsam einer ebenso notwendigen Neuinterpretation unterzogen. Der Wiederstandskämpfer darf sich nicht nur einer modernen, ungebändigten Lockenmähne erfreuen, auch an seiner Persönlichkeit wurde erheblich geschraubt. Carlos wirkt nun zunehmend genügsamer und erfrischend nahbarer als noch in seinem Debüt. Die neue Sympathie des Lockenkopfes kommt nicht zuletzt aufgrund der recht kurzen Spielzeit nicht in voller Gänze zum Tragen, schafft es aber einen Charakter zu erschaffen, der Jill in angenehmer Weise zu ergänzen vermag. Die zusehends blassen Nebenfiguren tun es dem Südamerikaner gleich und leiden nicht zuletzt unter der überschaubaren Spielzeit.

Protagonist Carlos erfährt im Remake eine vollständige und bedingt notwendige Neuinterpretation.

Mit einem brachialen Intro, der überaus gelungenen Inszenierung und der düsteren Atmosphäre zaubert das Remake storytechnisch eine durchaus gelungene Umsetzung des 1998-erschienenen Klassikers auf die Bildschirme der Fans, was zumindest kurzzeitig über die dürftige Spiellänge hinwegtröstet.

Optisch macht Resident Evil 3: Nemsis weitestgehend alles richtig. Dank eindrucksvoller Licht- sowie Schatteneffekte und kontraststarker HDR-Einbindung sowie der sorgfältigen texturellen Aufbereitung kann eine adäquate Atmosphäre für den Horror-Shooter entstehen. In Zusammenhang mit dem hervorragenden Sounddesign profitiert maßgeblich die überaus gelungene Inszenierung.

In Kombination mit den gewohnt-gewollten Trash-Einschlag schafft Capcom es den Charme hinter dem Horror-Franchise gekonnt einzufangen und in einem kurzweiligen Action-Bombast zu entfachen. Leider gelingt es der Kampagne zugleich nicht, alle offenen Frage innerhalb des Storyfortlaufs zu beantworten und lässt den Spieler infolgedessen verhältnismäßig unzufrieden zurück. 

Knackig kurz

Resident Evil 3: Nemesis hat im Vergleich mit seinem unmittelbaren Vorgänger mit einer überaus verkürzten Spieldauer zu kämpfen. Ein einzelner Spieldurchlauf wird euch somit höchstens 6-7 Spielstunden abverlangen können: Ein durchaus einschneidender Kritikpunkt, wenn man bedenkt, dass sein Vorgänger durch die erweiternde B-Side die doppelte Spielzeit offerierte. Selbst das Original potenzierte den Wiederspielwert immens indem diverse Entscheidungsträger ins Spiel integriert wurden, die letztendlich im Remake keine platz mehr gefunden zu haben scheinen.

Das Spielprinzip hinter dem Remake orientiert sich vorrangig an seinen betagteren Wurzeln, kommt allerdings gänzlich actiongeladener daher als noch Resident Evil 2 es 2019 tat. Der actionlastige Fokus des Survival-Horror-Titels könnte Franchise-Fans stellenweise geradezu an die aktuelleren Ableger erinnern, ohne dabei allerdings die Fehler und Versäumnisse einzugehen, die unter anderem Resident Evil 6 zu einem grauenvollen Vertreter seiner Reihe machten. Das Gunplay des Remakes weiß elementar zu überzeugen. Wirkt es auf Shooter-Veteranen initial noch einen Hauch zu schwammig, liefert Capcom euch im späteren Spielverlauf genau die wuchtigen Schießeisen, die der Action-Bombast benötigt. Zudem lässt sich die Umgebung weitestgehend aktiv in das Kampfgeschehen einbringen, was nicht zuletzt dem Spielfluss sowie der taktischen Komplexität zu Gute kommt.

In der Neuauflage kämpft ihr euch erneut durch Horden an Zombies -immer mit dabei: die richtigen Schießeisen!

Neu dabei sind zudem spezielle Ausweichmanöver, die Jill als auch Carlos ab sofort in Kampfsituationen zur Verfügung stehen. Mit dem rechten Button habt ihr so jederzeit die Möglichkeit nahenden Gegner unmittelbar zu entfliehen. Klingt wirklich simpel, ist es in der Umsetzung dann aber doch nicht, was auch einfache Zombies weiterhin zu einer omnipräsenten Gefahr werden lassen. Das neue Manöver setzt verstärkt auf das richtige Timing und genau das will in Resident Evil 3 erlernt werden. 

Abseits der actionlastigen Ausrichtung verliert Resident Evil 3: Nemesis nämlich zu keinem Zeitpunkt gänzlich den Blick auf seine Survival-Horror-Herkunft. Spontanes Inventarmanagement drängt sich nicht zuletzt in den Fokus der Neuauflage, während die in der Spielreihe etablierte Munitionsknappheit allerdings etwas an Halt verliert, was nicht zuletzt der rasanten Struktur zu Schulden ist. Kurz gesagt: Ihr werdet erneut zahlreiche offene Levelabschnitte durchforsten auf der Suche nach brauchbarer Munition, sinnvollen Heilitems und allerhand Questgegenständen, wärhend ihr munter nach bester Tetrismanier das Inventar befüllt.  

Ernsthafte Furcht vs. kurzweilige Nervosität

Abseits von herkömmlichen Untoten werdet ihr euch Resident Evil-typisch ebenfalls zahlreichen mutierten Widersachern entgegenstellen dürfen. Mit dabei die populären Licker, die froschähnlichen Gamma-Hunter, als auch die allseits bekannten Grave Digger, die sich optisch von der besten (besser: schrecklichsten) Seite präsentieren.Das augenscheinliche Highlight unter den Antagonisten dürfte aber selbstredend der titelgebende Nemsis sein. Die humanoide Biowaffe tut es dabei dem Tyrant aus Resident Evil 2 gleich und verbleibt zu Spielbeginn zunächst unbezwingbar. Also heißt es bei Begegnung mit dem mutierten Ungetüm: Beine in die Hand nehmen und entkommen! Ganz so einfach wie Mr. X macht es euch Nemesis aber allemale nicht. So ist der populäre Antagonist nicht nur in der Lage Waffen zu benutzen, er hat ebenfalls an enormer Schnelligkeit zugelegt und ist im Besitz von dehnbaren Tentakeln, die Kontrahenten auch aus weiteren Distanzen aufmischen können. Und dann wäre da noch die Fähigkeit herkömmliche Zombies in der unmittelbaren Umgebung in eine gefährlichere Form Ihrer selbst zu verwandeln. Ihr seht, mit dem Tyrant aus dem Vorgänger ist der schmucke Mutant nicht annähernd zu vergleichen, besonders mit Blick auf die gescripteten Einsätze des Nemesis. Während der stilsichere Mutant mit dem Trenchcoat stets auf scheinbar spontane und unvorhersehbare Art unseren Weg kreuzte, mimt Nemesis den bombastischen Actionliebhaber samt arroganten, offensichtlich gescripteten Einmarsch. Das Ganze führt dazu, dass die Biowaffe regelrecht kurzweilige Hektik beim Spieler selbst auslöst, ohne die ernstere Furcht des Tyrant wiederaufzugreifen. Pompöser Auftritt vs. laut-tönende Schrittgeräusche. Das Vorgehen der Unbezwingbaren differenziert sich zwar gänzlich voneinander, das Ziel des japanischen Unternehmens Capcom bleibt dasselbe: Den Spieler aus der Ruhe bringen. Das gelingt dem japanischen Team auch im Remake zum dritten Ableger der Reihe überaus gut, nicht zuletzt da sich der Übermensch mit der neuen, pathetischen Ausrichtung recht gut ergänzt. Und Achtung: Entwarnung für alle Spieler der Demo-Fassung von Resident Evil 3: Nemesis! Die brutale Biowaffe sorgt zwar für ordentlich Aufruhr innerhalb des Spielverlaufs, derart hilflos und überfordert werdet ihr euch in der finalen Spielversion dann aber nicht fühlen müssen. In Gänze präsentiert sich Resident Evil 3: Nemesis auf dem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad nämlich überaus machbar, Vielspieler dürfen sich dahingehend zumindest über eine Auswahl von vier unterschiedlichen Einstellungen freuen.

Nemesis hat es in Resident Evil 3 auf Jill abgesehen.


Zwischen den Verfolgungsjagden werdet ihr immer wieder auf offenere, abwechlusgreichere Areale losgelassen, dessen Umgebungsstrukturen genügend Raum zum Erkunden bieten, aber nicht ansatzweise an die Komplexität seines Vorgängers heranreichen. Für “ausgiebige” Erkundungstouren werdet ihr so immer wieder mit neuen Waffen, Munitionsnachschub oder Upgrades für eure bereits vorhandenen Schießeisen belohnt. Die Rätsel innerhalb des Spielgefüges brillieren nicht unbedingt durch ihren Einfallsreichtum samt Komplexität, sondern präsentieren sich vorwiegend mit einer trivialen, trägen Banalität. Das Ganze wirkt auf Dauer etwas dröge und lässt den Charme der alten Tage weitestgehend vermissen.

Ab in den Multiplayer

Hinter dem Cover Resident Evil 3: Remake verbirgt sich unabhängig von der Singleplayer-Kampagne  noch ein zweites “vollwertiges” Spiel: Der Multiplayer-Part namens Resistance.

Resident Evil: Resistance ist dabei ein asymmetrischer Mehrspielermodus, der vier Survivors gegen einen übergeordneten Mastermind antreten lässt. Während die vier Spieler auf der einen Seite einer Karte ausgesetzt werden und um ihr Überleben kämpfen müssen, bestimmt der Antagonist die Spielregeln und macht seinen Versuchskaninchen so das Spiel zur sinnbildlichen Hölle. Er spawnt nach Belieben Zombies, platziert Fallen oder steuert Geschütztürme, um die Überlebenden am Voranschreiten zu hindern. Diese wiederum erkunden die Map auf der Suche nach Schlüsseln, mit denen sie das jeweilige Level abschließen können – immer mit einem Zeitlimit im Nacken, versteht sich. So gilt es mal die Schlüsselkarte eines Wächterzombies zu stibitzen, digitale Daten zu scannen oder Teile einer Statue zu finden und in eben diese einzusetzen. 

Ob als kostenlose Dreingabe oder als separates Spiel – Resistance mangelt es in vielen Bereichen an Tiefe und Umfang. Die vier verschiedenen Karten sind ebenso überschaubar wie die vier spielbaren Charaktere und die vier zur Verfügung stehenden Masterminds, die ihr eingangs sogar noch mühselig nacheinander freispielen müsst. Zwar kommt jede Figur mit ganz eigenen Fertigkeiten daher, für Langzeitmotivation sorgen die kurzweiligen Stelldichein aber dennoch nicht.

Als Mastermind erhaltet ihr im asymmetrischen Multiplayer-Geballer die Kontrolle über die Map.

In der Tat dürfte der Mastermind mit seiner Vielzahl an unterschiedlichen, spielbaren Biowaffen die kühnsten Träume eines jeden Fans wahr werden lassen, dem Matchmaking kommt dies aber sicherlich nicht zu Gute. 

Die große Popularität des G-Virus infizierten William Birkin als auch des unbesiegbaren Mr. X  sorgen so für ausgedehnte Spielersuchen, die durchaus schon einmal an die 10 Minuten in Anspruch nehmen können. Ein eher unausgegorenes Balancing trägt undankbarerweise dazu bei, dass der Antagonist generell immer eine Nasenspitze weiter vorn liegt als die teamorientierten Survivors.

Ob Resident Evil 3 Remake den Multiplayer Resistance nun tatsächlich gebraucht hätte, sei einmal dahingestellt. Für einige kurzweilige Spielrunden unter Freunden taugt der Bonus aber allemal, einen wirklichen Mehrwert zur gelungenen Kampagne bietet das Multiplayer-Gemetzel aber wohl nicht.

Fazit

Resident Evil 3 ist genau das Remake geworden, das Fans der Reihe nach dem letztjährigen Release erwarten durften und nicht weniger als das lädierte Franchise verdient hat. Eine inszenatorische Meisterleistung paart sich hier mit einer grafischen Pracht, die der Grusel-Atmosphäre und der actionreichen Hintergrundgeschichte gänzlich in die Karten spielt. Spielerisch gelingt Capcom der anspruchsvolle Spagat zwischen einem rasanten Action-Bombast und einem filigranen Survival-Horror-Shooter mit Bravour. Lediglich die komprimierte Spielzeit samt seines zurückgetretenes Wiederspielwertes fallen dem Remake schwerwiegender zu Lasten. Der asymmetrischen Multiplayer-Modus Resistance dient selbst dahingehend lediglich als nette Dreingabe mit dem Capcom zumindest wohlwollend versucht diesen Kritikpunkt auszuhebeln. Nichtsdestotrotz scheint der japanische Publisher in den letzten Jahren verstanden zu haben, was das Franchise im essentiellen Kern ausmacht und führt die Marke Resident Evil schlussendlich nach einer langjährigen Findungsphase zurück mit neu entdeckten Selbstwertgefühl auf den schaurigen Genre-Thron. Resident Evil 3 ist nicht minder eine überaus gelungene Neuauflage des 1999-Originals, welcher gleichsam Capcoms Remake-Politik durchweg legitimiert.

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