Test: Crisis Core – Final Fantasy VII Reunion

Mit der Idee einer simplen Hybrid-Konsole gelang es Nintendo in den vergangenen Jahren beispiellos die Grenzen zwischen mobilen und stationären Gaming – wenn auch unter technischen Einbußen – zu verwischen und dank Cloud-Unterstützung nicht zuletzt das Modell der hardwareunabhängigen AAA-Blockbuster als ernsthafte Möglichkeit, in den Köpfen der Spieler zu platzieren. Allerspätestens mit dem Release des kostspieligeren Steam Deck im vergangenen Jahr war dann aber wirklich klar: es gibt einen rentablen Markt für Handhelds, die auf die Vorteile des stationären Gaming setzen. In Zeiten dieses deutlich freiheitlicheren Nutzungsverhaltens, drehte Square Enix den Spieß nun einfach um, kramte eines seiner populärsten PSP-Titel aus der Mottenkiste, restaurierte es kurzerhand und präsentierte das Remaster auf den stationären Heimkonsole (respektive Hybridkonsole). Das ehemalige PlayStation Portable-JRPG Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion bildet dabei die Vorgeschichte zum siebten Hauptteil der populären Rollenspiel-Reihe ab und lässt euch erstmals die Perspektive des jungen Zacks, einem alten Freund und Leitbild von FF7-Protagonist Cloud Strife, erleben. Schlussendlich bleibt nur noch der Zweifel zurück, inwieweit die Neuauflage es letztendlich schafft, den gleichen Nutzen aus einem Plattformwechsel zu ziehen, wie einige seiner AAA-Vorgänger und vor allem inwieweit ein auf kurzlebigen Spielspaß ausgelegtes Rollenspiel dem tatsächlich diskrepanten Nutzungsverhalten auf stationären Plattformen entgegenwirken kann. Grund genug einmal einen ausschweifenden Blick auf den ehemaligen Handheld-Fanliebling zu werfen.

Alles beim Alten

In Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion übernehmt ihr die Kontrolle über Zack Fair, der unter der Elite-Kampftruppe SOLDAT Auftragsarbeiten im Namen von Shinra, einem Megakonzern der den planetaren Lebensstrom als Energiequelle nutzbar gemacht hat, erledigt. Als Zacks Mentor Angeal plötzlich verschwindet und er von den dem ebenfalls vermissten Rang-1-SOLDAT Genesis erfährt, begibt sich Zack auf eine Reise rund um Verrat, Manipulation und den zwielichtigen Geheimnissen hinter dem Shinra-Konzern. Die Story selbst wird dabei unverändert zum 2007er Original wiedergegeben und schwächelt somit gleichsam in seiner Zugänglichkeit für Neueinsteiger – mit anderen Worten: Final Fantasy 7 bleibt die obligatorische Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit der Storygrundlage und vor allem um das Storygefüge auf emotionaler Ebene greifen zu können. Eine weitere „Hürde“, vor allem für JRPG-Neulinge, dürfte der sehr prätentiöse und theatralische Tonus des ehemaligen PSP-Titels sein. So werden für damalige Verhältnisse genretypisch eine banale Plattitüden nach der anderen in Richtung des Protagonisten abgefeuert – was für FF7-Veteranen aber vor allem dank der stark emotionalen Fokussierung des Narrativs nicht ins Gewicht fallen dürfte. Letztere können vor allem auch das Wiedersehen mit zahlreichen bekannten Charakteren bejubeln, mit dabei Lieblinge wie Aeris, Yuffie, Sephiroth sowie Cloud. Das alles macht Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion zwar zu keinem „Must-Play“, ergänzt das Hauptspiel dennoch um eine nicht weniger fundierte, kurzweilige Erfahrung ohne dabei primär den Eindruck eines aufgesetzten, gekünstelten Mobile-Spinn-offs zu erwecken.

Handheld auf der Konsole

Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion ist als allererstes ein herkömmliches Remaster und erstrahlt damit nicht nur optisch in einem modernen Gewand, sondern zieht auch spielerisch einige Quality-of-Life-Verbesserungen mit sich. Gleichsam wurde der ehemalige Handheld-Titel aber nicht von Grund auf saniert, mit anderen Worten: man merkt dem JRPG seine 15 Jahre alten Wurzeln durchaus noch an und das macht sich nicht zuletzt im veralteten, trägen Spieldesign bemerkbar: Crisis Core setzt auf ein Echtzeit-Kampfsystem, dass vor allem durch seine Simplizität besticht – ein deutliches Überbleibsel aus der Handheld-Vergangenheit des Rollenspiels. So könnt ihr innerhalb der Auseinandersetzungen Zack´s Standardmanöver wie Angriffe, Blocken sowie Ausweichen ausführen lassen. Zudem kommen insgesamt 6 Materia Slots zum Einsatz, die ihr frei aus einem Pool an aktiven und passiven Fähigkeiten bestücken könnt. Hier lassen sich beispielsweise mächtigere Zauber und brachiale physische Angriffe ausführen sowie die Regeneration eurer Lebensenergie beeinflussen. Als besonderes Schmankerl bietet euch das Remaster hier zusätzlich insgesamt 7 Sets mitsamt 6 Materia-Slots an, zwischen denen ihr jederzeit frei verfügen könnt. So lassen sich schnell und bequem mehrere Materia-Kombinationen abrufen, ohne viel Zeit im Inventar verbringen zu müssen. Vor allem mit Blick auf das ausgedehnte Fusionssystem, mit dessen Hilfe ihr jegliche Materia miteinander verschmelzen und so vollkommen neue Fertigkeiten erlangen könnt, sorgt Square Enix definitiv für einen deutlich abwechslungsreicheren und vor allem actionlastigen Gameplay-Loop. Mitsamt der überarbeiteten Steuerung erhält das Kampfgeschehen zudem eine deutlich erhöhte Dynamik, die das altbackene Grundgerüst zumindest partiell in die Moderne zu hieven versucht. So lassen sich zum Beispiel ab sofort differente Verbrauchsgegenstände innerhalb des kurzlebigen Kampfspektakels problemlos einsetzen ohne wie im PSP-Original alle Optionen schwerfällig mit den Schultertasten anwählen zu müssen.

Während einige Elemente so die notwendige Überarbeitung erfahren durften, kehren hingegen andere, eher ungeliebte Komponenten des Handheld-Vorgängers unverändert zurück: ihr ahnt es, die Rede ist von den digitalen Bewusstseinswellen, kurz DBW. Die kleinformatige Slot Maschine am oberen Bildschirmrand sorgt somit also auch in der Neuauflage für zufällig generierte Boni innerhalb der Gefechtssituationen. So würfelt das DBW-System durchgehend, Zahlen und Bilder wahllos durcheinander. Sobald diese Elemente nun übereinstimmen, erhaltet ihr diverse Vorteile wie kurzzeitige MP- oder LP-Boosts. Auch durchschlagendere Angriffe wie der berüchtigte Limitrausch werden euch über das willkürliche System zugewiesen. Das Ganze erweitert die recht simplen Kämpfe zwar um eine gewisse Unberechenbarkeit, kommt aber diskrepanter Weise aufgrund dessen gar nicht erst so richtig zum Tragen. In Kampfhandlungen, die dank ihrer Anspruchslosigkeit den Spieler seltenst fordern, verlieren temporäre Vorteile eben stark an Relevanz. Wirklich prekär wird das System allerdings vor allem dann, wenn es um den nächsten Levelaufstieg geht. So sammelt ihr zwar wie gewohnt in Kämpfen Erfahrungspunkte, das Upgrade selbst kann aber erst durch die richtige Kombination an der Slotmaschine ausgelöst werden. Das Ganze führt dann durchaus mal dazu, dass die Unglücksvögel unter euch mitsamt einem Treffer mehrere Level auf einmal aufsteigen – ein weniger motivierendes als mehr frustrierendes Arrangement, das nicht einmal durch die 15 Jahren alten Wurzel zu rechtfertigen sein dürfte.

Zwischen Redundanz und Kurzlebigkeit

Während man den regulären Kämpfen dank Redundanz und Simplizität ihr veraltetes Fundament noch teils stark anmerkt, bilden zumindest die Boss-Begegnungen punktuell kleinere Highlights im Spielgeschehen ab, die euch und das Kampfsystem vor allem auch strategisch fordern dürften. Hier kommt es nämlich nicht mehr nur darauf an, den kraftvollen Attacken eures Gegenübers auszuweichen, um im richtigen Moment zum Gegenschlag anzusetzen, das Remaster liefert euch nun die Möglichkeit die Bossgegner auch inmitten ihrer verheerendsten Angriffe zu unterbrechen. Hierfür wird kurzerhand ein zweiter Balken eingeblendet, schafft ihr es diesen mit geschickten Manövern ausreichend zu malträtieren, wird die Kampfhandlung des Endgegners gehemmt oder im besten Fall sogar unterbrochen. Diese wenn auch nur minimale Änderung verleiht dem Spielgeschehen kurzzeitig zumindest nicht nur eine wünschenswerte taktische Tiefe, sondern legt or allem einen deutlich stärkeren Fokus auf eure Materiasets sowie deren Kombinationen, was wiederum dazu führt, dass auch das Fusionssystem erheblich an Relevanz gewinnt – Eine notwendige Symbiose diverser Spielelemente, die bedauerlicherweise viel zu selten in Crisis Core zu spüren ist.

Abseits der offensiven Auseinandersetzungen setzt Crisis Core ebenfalls auf ein recht triviales, gar veraltetes Leveldesign, das vor allem durch schlauchartige Strukturen und erneut erhöhter Redundanz gekennzeichnet ist. Die Umgebungen bieten zudem nur geringfügig Erkundungspotential, einige Items und einige wenige Charakterdialoge ausgenommen, wirken die winzigen Areale recht leer und lassen uns erneut die einstigen PSP-Wurzel erahnen. Gleiches gilt für das “Erscheinen” eurer Kontrahenten, diese kommen nämlich nach wie vor wortwörtlich komplett aus dem Nichts, um die vordefinierten Schlachtfelder zu besiedeln. Was hier an lebendiger Spontanität und Immersion fehlt, versucht zumindest die hohe Quantität an Nebenmissionen zu kompensieren. Diese lockern das starre Grundgerüst immens auf, was vor allem aus der kurzlebigen Ausrichtung resultiert – ja ihr ahnt es: ein Relikt aus der Handheld-Vergangenheit, dass dieses Mal aber das bestehende Spielgeschehen aufbricht und dem Spieler innerhalb des komprimierten Gameplay-Loop eine optionale Fluchtmöglichkeit anbietet. Eine Fluchtmöglichkeit, die dank ihrer Schnelligkeit zwar mit deutlichen Abnutzungserscheinungen zu kämpfen hat, unbestreitbar aber die anhaltende Redundanz von Crisis Core partiell aufzubrechen vermag.

Da wo man spielerisch noch stark am Original arbeitet, hat sich zumindest technisch einiges getan. So macht das Remaster optisch einen deutlichen Sprung nach vorn. Auch wenn die Cutscenes zwar hochskaliert wurden und daher zumeist unscharf wirken, hieven vor allem die neuen Texturen das altbackene Grundgerüst zunehmend in die Moderne. Starre Animationen und Mimik dürften die Spieler dennoch immer wieder an die Herkunft des JRPGs erinnern. Crisis Core liefert euch 2022 außerdem vollständig synchronisierte Dialoge, auch wenn die deutsche Vertonung weiterhin mit Abwesenheit glänzt.

Fazit

Crisis Core war 2008 unbestreitbar ein rentabler Handheld-Erfolg auf der PSP und das ist er trotz augenscheinlichem Plattformwechsel ironischerweise immer noch. Veraltete Strukturen, vehemente Redundanz, schnelllebiger Gameplay-Loop definieren das gesamte Spieldesign und lassen deutlich die rückständigen Wurzeln des einstigen Mobile-Spinn-offs erkennen. Minimale Neuerungen und Quality-of-Life-Anpassungen brechen das unzeitgemäße Fundament allerdings immer wieder auf und so ergibt sich schlussendlich dank durchdachter Steuerungsoptionen, taktischer Bosskämpfe und den kurzweiligen Nebenmissionen ein symbiotisches Gefüge zwischen “PSP-Nostalgie” und dem modernem Standard - ohne dabei das motivationale Grundbedürfnis des Spielers zu vernachlässigen. Frische Texturen und die emotionale, wenn auch pathetische Storygrundlage tun dabei ihr Übriges, um vor allem alteingesessene Fans erneut in ihren Bann zu ziehen - Neueinsteiger werden es mit dem teils rückschrittlichen Spielkonzept allerdings deutlich schwerer haben. Was schlussendlich allerdings übrig bleibt, ist ein kurzlebiges, nicht minder unterhaltsames Remaster, dass trotz alledem in höchster Diskrepanz zum Nutzungsverhalten der stationären Plattform steht und die Anpassungen an dessen nur sehr schwerfällig in die Hände der Spieler legt.

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